Den Tiger im Tank, so dachte ich, bekomme ich bei einem Mineralölkonzern. Ich glaubte bisher, Powerfrauen besuchen regelmäßig das Fitnessstudio und betreuen nebenbei den Haushalt, Ehemann und das Kind. Damit es nicht zu langweilig wird, pflegen sie noch ein Hobby im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung, vorzugsweise in leitender Position.

Seit einigen Tagen begleitet mich die Werbung eines Herstellers für ein „Energiegetränk“ auf meinem täglichen Weg. Ich bin erstaunt, dass die gleiche Wirkung durch ein Energiegetränk erreicht werden kann. Noch mehr erstaunt mich immer wieder die triviale Aussagekraft der Werbung, die einige Mitbürger dieses Produkt kaufen lässt.

Müssen wir uns immer noch etwas vormachen? Es wäre doch wunderbar, wenn in der Hektik des Alltags jeder Mensch aus seinen eigenen Ressourcen schöpfen könnte – Gaben, die jedem zur Verfügung stehen, die wir aber nur leider wieder vergessen haben.

Vielleicht haben wir unsere Gaben auch vergessen, weil wir irgendwann damit schlechte Erfahrungen gemacht haben? Um nicht zu talentiert, zu intelligent, zu kreativ oder zu sportlich zu erscheinen, damit das Gefüge in der Familie erhalten blieb. Grundsätzlich sind wir alle mit den gleichen Eigenschaften ausgestattet worden. Je nachdem wie wir gefördert wurden, sind einzelne Gaben weiterentwickelt worden oder eingeschlafen. Ebenfalls kennen wir alle Gefühle von Liebe, Gemeinsamkeit und Vertrauen. Auch diese Gefühle werden intensiviert oder in die unterste Kiste gelegt, falls wir damit schlechte Erfahrungen gemacht haben.

Carl Rogers (Psychologe/Psychotherapeut) hat sich vorgestellt, dass jeder Mensch wie ein wunderschönes Haus ist. Ein Haus, ausgestattet mit Räumen, die hell, lichtdurchflutet und von Leichtigkeit durchströmt sind. Im Keller des Hauses verkümmern die ganzen Schätze (Gaben), denen keiner mehr ein Augenmerk schenkt. Hier ist auch die Grundversorgung an Energie, Vitalität, Lebensfreude, Wärme, Geborgenheit usw. vergraben. Wir müssen nur den Zugang zur Grundversorgung freilegen, damit wir wieder mit allen Gefühlen in Verbindung kommen.

Und dann könnten wir auf Energiedrinks verzichten und müssten nicht auf Werbeaussagen reinfallen.

Herzlichst

Silvia