Wenn früher ein Kollege fragte: „Kannst du mal eben…“ dann konnte ich ihm helfen, heute weiß ich, ich kann auf jeden Fall kompliziert und langfristig helfen. Mir scheint, nichts ist so komplex wie 4.0.
Neben meiner nebenberuflichen Tätigkeit – dem Achtsamkeitscoaching – habe ich noch einen Beruf im wirklichen Leben. Diese Arbeit ermöglicht es mir, dicht an Arbeitsprozessen und Veränderungen in der Arbeitswelt zu sein. Für mich ist gut nachvollziehbar, dass Klienten von Paniksymptomen überfallen werden, wenn der Chef einen cholerischen Ausraster bekommt oder die Arbeitswelt einen in den Burnout treibt. Nebenbei bemerkt: Hieran ist nie die Arbeitswelt alleine Schuld, sondern die Summe aller zusammenkommenden Ereignisse. Es ist immer eine Mischung aus Arbeitswelt, privater Lebensgestaltung und unserer Kindheitsgeschichte. Die Mischung macht es.
Vor 10 Wochen habe ich eine Aufgabe wiederbekommen, die ich vor 13 Jahren an eine Kollegin abgegeben habe, da damals diese Aufgabe so komplex und umfangreich geworden war, dass ich mich hierum nicht mehr „nebenbei“ kümmern konnte. Diese Aufgabe liebe ich sehr, ich arbeite mit meinem Kollegen international zusammen und der Austausch ist, neben den geschäftlichen Dingen, sehr schön.
Innerhalb von einer Woche habe ich gelernt, dass die Arbeit inzwischen wieder so komplex ist wie vor 13 Jahren, aber anders! Nach einer Woche glich mein Schreibtisch wieder dem Chaos, das ich von damals kannte. Hierbei habe ich erfahren, wie sich Burnout-Symptome entwickeln, wenn man diese nicht erkennt und ihnen Beachtung schenkt.
Die Andersartigkeit erklärt sich dadurch, dass ich mein Arbeitsleben mehr und mehr in virtuellen Prozessen der Software verbringe. Was früher ohne große Anträge organisiert wurde, wird heute per Online-Antrag erledigt. Das kann schnell gehen, muss es aber nicht.
Gestern habe ich mehrere Online-Anträge für neue Produktionskomponenten fehlerhaft ausgefüllt. Da unser sonst sehr hilfsbereiter Kollege im Urlaub ist, haben die Kollegen vom externen Support diesen Antrag kommentarlos abgelehnt. Die Begründung wurde per E-Mail nachgereicht. Ich habe mir dann die Zeit genommen und alle fehlenden Angaben per Mail nachgereicht, das ging schnell – nach 15 Minuten hatte ich die fehlenden Details zusammengetragen und versendet.
Damit war der Spuk jedoch nicht beendet, es folgten zwei weitere Mails mit Bildern und Erklärungen, was ich machen sollte, damit der Prozess vom Support bearbeitet werden kann. Auch einige zu Rat gezogene Kollegen konnten mir nicht weiterhelfen, von den geschickten Bildern der Softwareseiten habe ich in meiner Systemwelt keines gefunden. Ein gutes altes Telefonat hat dann Abhilfe geschaffen und meine Artikel konnten bearbeitet und angelegt werden.
Ein ganz erheblicher Teil meiner Arbeitszeit geht für die Bearbeitung von Arbeitsabläufen in Datenbanken verloren. Wir haben vor einigen Wochen ein neues Softwarepaket bekommen, das unsere Arbeit unterstützen soll, die Abläufe sollen einfacher dargestellt werden. Bis ich dahin gekommen bin, hatte ich bereits einige Stunden meiner Arbeitszeit investiert. Der Support, der bei Fragen gerne angerufen werden sollte, hat nach der dritten Anfrage eine etwas ungeduldige E-Mail geschrieben, mit entsprechenden Seitenverweisen auf das handliche Handbuch. Wenn ich handlich schreibe, so bedeutet es, es handelt sich um 374 in englischer Sprache geschriebene Seiten, bebildert und verständlich zu lesen – falls man Zeit hierzu findet.
Ich frage mich, wer denkt sich solche Arbeitsprozesse aus? Ihr lieben Softwareentwickler, hinter all euren Entwicklungen stehen immer noch Menschen, die mit diesen Datenbanken, Systemen, Clouds etc. arbeiten müssen. Leider sind diese Prozesse nicht immer selbsterklärend und effektiv.
Vielleicht bin ich auch einfach nur zu alt für diesen Sch…